Page 25 - Preschaint Nummer 7
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                Haltung mit gebrochenem Rücken
Wie kann es weitergehen, wenn man gar nicht mehr gehen kann? Diese Frage stand im Raum mit den fünf Betten im Basler Paraplegiker- zentrum. Näf erlebte, dass nicht alle überlebten. Andere hatten von Anfang an Komplikationen. Bei ihm verlief der Heilungsverlauf ziemlich «nach Schulbuch», wenn auch nicht ganz nach seiner Hoffnung: Die gebrochenen Wirbel liess man in einer Fehlstellung von 65 Grad verheilen. Die schlimmen Rückenschmerzen im Alter führt er darauf zurück.
Der gelernte Sanitär/Installateur kennt sich in seinem Körper aus. Und manchmal tönt es fast so, als ob es um Leitungsrohre ginge, die man so oder am besten doch anders miteinander verbin- det, wenn er von all den Eingriffen spricht. Kann
Schulzimmer gefangen, jetzt als deutlich Ältester der Klasse. Was passte da noch zusammen?
Neue Skis – oder noch eine Aufgabe?
Jahre sind seither vergangen. Hansruedi Näf lebt allein. Einmal träumt er, er müsse sich für die neue Saison ein Paar Skis kaufen. Aber was er in Wirklichkeit braucht, ist das Drei- und Vierfache an Zeit. Und ein Bett mit Bügel, an dem er sich hochziehen kann, um aus dem Bett in seinen Rollstuhl zu kommen. Langzeitfolgen wie Druck- stellen wegen schlechter Durchblutung machen ihm zeitweilig zu schaffen. Eine Operation am Herzen wurde wegen Blutgefässverengungen auch schon notwendig. Die Rückenschmerzen machen die Nächte lang. Dann beschäftigt er sich mit Gedanken, die ihn weiterführen. Er
Er staunt, dass er immer noch lebt.
man nicht mehr gehen, sind nämlich nicht nur die Beine betroffen, alles ist anders: körperlich, beruflich, sozial. Magen und Darm haben jetzt deutlich Launen. Sie verlangen einen wieder- kehrenden Rhythmus. Die Katheterisierung der Blase braucht Sorgfalt. Abläufe, die früher wie von selbst abliefen, müssen sich neu einspielen. Vor allem anderen brauchte es eine rollstuhlgän- gige Wohnung. Die Wohnung in Samedan muss- te eingetauscht werden. Nachbarn halfen und gaben ihre Mietwohnung früher frei als geplant. Familie Näf konnte sich mit den beiden Mädchen neu einrichten. Es folgte auch eine Umschu- lung. Der Bergführer sah sich wieder in einem
schreibt ein Büchlein mit gesammelten Bergun- fällen aus dem Wallis, dem Mont Blanc, dem Berner Oberland, vom Alpstein und aus Grau- bünden. Er schreibt Nachrufe auf Freunde. Früher organisierte er Charter-Flüge ab und nach Samedan. Und hob selbst auch mal ab. Und sah sie wieder, die Bergspitzen und Wände, die für ihn einst Rufe waren. Mit einem Bruder flog er nach Djerba in die Ferien, besuchte auf einer ge- führten Reise eine alte Synagoge. Tags darauf fiel diese einem Brandanschlag zum Opfer. «Ich wäre dort nie herausgekommen!», sagt er. Hansruedi Näf staunt, dass er immer noch lebt. Hat er noch eine Aufgabe?
preschaint das Magazin 23

























































































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