Page 48 - Preschaint Nummer 5
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                 Berge, Schnee, Gott und ich, per pedes die Seele baumeln lassen. Das Wetter war wieder einmal Engadin-like, blauer Himmel, Sonne pur. Andrang gab es natürlich auch. Und so kam es, dass mir beim Bezahlen an der Kasse meine Sonnenbrille wegfiel. Jemand hinter mir war schneller beim Aufheben als ich und reichte mir die Brille. Ich blickte in ein freundlich zugewandtes Gesicht. „Jung muss man sein und schnell“, sagte sie und lachte. „Oh ja, den Spruch kenne ich“, gab ich zurück. Sie, vielleicht Ende Zwanzig, war offen- bar auch allein unterwegs. Unterdessen waren wir am Lift und fuhren gemeinsam in einem Ses- sel sitzend bergauf. „Darf ich fragen, ob Sie das erste Mal hier sind“, wagte sie sich vor. Ich schmunzelte und erwiderte: „Ich bin nicht in den Ferien. Ich lebe seit vielen Jahren im Engadin und geniesse jetzt einfach ein paar freie Stun- den.“ „Ok, ich habe hier mal gearbeitet. Jetzt bin ich einfach so mal wieder hier: Einfach mal Pause machen, dringend nötig“, gab sie zurück. Ich schaute sie an: „Sie sehen aber gar nicht so aus!“ „Oh, Dankeschön, ich mache Yoga“, strahlte sie mich an. Das sass. Noch selten habe ich einen Menschen getroffen, der mit so einer Begeiste- rung, von seiner Leidenschaft überzeugt, dazu steht, was ihm viel oder geradezu alles bedeutet. Dieser Satz war wie ein Bekenntnis. Unser Ge- spräch plätscherte noch ein wenig dahin: über die Faszination des Lebens, wie das mit der Work-Life-Balance ist, wie wichtig Ruhe und Stille in allem Trubel des Alltags ist, wo es schöne Orte in der Schweiz gebe ...
Mit einem „Gottes Segen“ verabschiede ich mich von ihr, als wir oben den Lift verlassen und lächelnd auseinandergehen.
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