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36EIN BESUCH BEI UNSEREN NACHBARNJerzens, das Zirbendorf im Naturpark Kaunergrat, ein Bergdorf im Pitztal, eingebettet in eine einzigartige Hochgebirgskulisse, gut zwei Stunden von uns entfernt bei unseren Nachbarn in Öster- reich, beheimatet eine kleine Ausstellung, die es in sich hat. So verwachsen wir im Engadin mit unserer Arve sind, so sind es die Jerzener und ihr Dorf mit dem gleichen Baum, der dort Zirbe heisst. Gut 130 Kilometer voneinander entfernt und doch gleich Heimat, Schutz, Identität gebend – und noch viel mehr. Die Zirbe, als Schutzwald oberhalb des Dorfes, für Stubentäfelungen, Möbelstücke und Schnitzereien in den Häusern, in Produkten der Gesundheit und des Wohlbefindens – die Jerzener pflegen ihre jahrhundertealte Freundschaft zu ihrem Baum, der auch unser Baum ist.Grenzgängerin mit TalentenDas dokumentiert in der Erzählweise der Lebensgeschichte einer Zirbe die überaus liebenswert gemachte und wohlbedachte Aus- stellung zur „Königin der Alpen“, die als „Grenzgängerin mit Talenten“ in ihrem majestätischen Erscheinungsbild, Wind und Wetter trotzend, mit knorrig imposanter, frosterprobter Rinde unter unwirtlichen Bedingungen und mit Charakterstärke, stets an der Grenze des Machbaren, stolz in den Himmel emporragt: Die Zirbe, Pinus Cembra, schweizerisch Arve, und für die Jerzener einfach Zirm!Einheimische Nachbarschaft mit Weite und BeziehungDie Ausstellung entführt mich in die faszinierende Welt dieses Baumes im Haus mitten im Ortskern beim Tourismusbüro, einla- dend duftend, als wolle man schon durch die Lokalität und ihren Standort jedermann spüren lassen: Hier dreht sich alles um die Zir- be. Vom Keimen bis zum Fallen, von der Jugend bis ins hohe Alter. Ein ganz grosser Auftritt, sehr geerdet, verwurzelt, heimatgebend und doch sehr weitherzig, einladend, mit offener Identität. Ich nehme wahr: Heimat ist nicht exklusiv! Der Baum, der den Pitzta- lern Zirbe ist, ist den Engadinern Arve. Die Erzählung deckt ver- blüffende Gemeinsamkeiten mit menschlichen Eigenschaften, Charakterzügen und Erscheinungsweisen auf. Jeder Lebensab- schnitt zeigt mir interessante Zusammenhänge, birgt spannende Details, und mir wird bewusst, wie meine Identität im Engadin, von einer Arve geprägt, gleichsam einer Zirbe Nachbar sein kann.preschaint das Magazin