Page 41 - Preschaint Nummer 8
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                 «Wie Erwachen geht, wissen wir nicht» Jan Brem ist Facharzt für Anästhesie und Intensiv- medizin im Spital Oberengadin Samedan. Mit ihm haben wir über das gesprochen, was alltäglich ist und für uns doch eigenartigerweise ein Geheimnis bleibt: über das Schlafen und Erwachen. Was bleibt wach, wenn wir schlafen – und was wird wach, wenn wir wach werden? Ganz spannend, die Frage, vor allem, weil wir sie neurolo- gisch nicht abschliessend beantworten können. Schlaf ist ein hochkomplexes Geschehen, und auch wie Erwachen geht, wissen wir nicht. Sie setzen doch aber Menschen in den Schlaf und ho- len sie wieder in den wachen Zustand ... Das lässt sich nicht vergleichen. Narkose können wir als eine künstlich herbeigeführte Bewusstlosigkeit beschrei- ben. Das geschieht mit gasförmigen und flüssigen Sub- stanzen. Diese Medikamente führen während der Narko- seeinleitung zum Atemstillstand. Dies könnte man nicht überleben, ergriffe der Anästhesist nicht entsprechende Massnahmen. Während Schlaf etwas Hochkomplexes ist, legt die Narkose das Gehirn einfach lahm. Was wir diffe- renzieren können, ist die Tiefe der Narkose. Wir messen die Narkosetiefe über die elektrische Spannung des Ge- hirns und geben sie in einer Skala zwischen 0 und 100 an. Die Hirnaktivität liegt bei gegen 100, wenn wir Schach spielen oder eine Prüfung schreiben, im Tiefschlaf liegt sie zwischen 85 und 90 – Schlafen ist also etwas Hochaktives –, bei einer Narkose liegt sie normalerweise zwischen 40 und 60. Viel niedrigere Werte streben wir gelegentlich bei neu- rochirurgischen Intensivpatienten an, wenn Probleme mit Hirndruck, Schwellungen und Blutungen im Kopf gegeben preschaint das Magazin 39 


































































































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