Page 43 - Preschaint Nummer 8
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                    Es ist ruhig auf dem Gang im Promulins. Man hört in der Ferne Geschirr klappern, die meisten Bewohner sind im Zimmer. Eine ältere Dame sitzt hier in diesem Gang in einem Lehnstuhl. Ich gehe auf sie zu. Sie hat die Augen geschlossen. Sie schläft. So scheint es mir jedenfalls. Ich gehe an ihr vorbei und grüsse sie leise: «Allegra, duonna Elisa.» Mir scheint, es kommt keine Reaktion. Ich gehe ein paar Schritte weiter, denn ich möchte die Dame nicht stören. Doch plötzlich höre ich ein leises «Allegra». Ich drehe mich um. Die Dame ist wach ge- worden. «Ein Schläfchen tut so gut», meint duon- na Elisa zu mir. «Wenn ich dann erwache, bin ich richtig ausgeruht und fühle mich frischer als vorher.» Diesen Augenblick des Erwachens habe ich diesmal nicht mitbekommen. Jedoch oft schon durfte ich den Zauber des Erwa- chens miterleben: Wenn die Augen sich öffnen, das Erkennen der Umgebung und der Personen darin zu lesen ist, und wenn sich dann ein Lächeln über das Gesicht ausbreitet. Gesichter, die das Leben schrieb. Deren hat es viele im Promulins. Jedes Gesicht, auch unseres, hat seine ei- gene Lebensgeschichte. Etwas haben jedoch alle gemeinsam. Alle erwachten schon in ihrem Leben. Weil eine Stimme rief. Ein Gruss, ein gutes Wort, kurz und klar. Eine andere Bewohnerin erzählte einmal: «Ich bin so dankbar, wenn Gott mich am Morgen nochmals aufwachen lässt.» Sie schlägt dann die Augen auf – und ist präsent. Ögls chi sun serros. Üna buocha chi tascha. Üna fatscha chi annunzcha il cumgio. Uschè pera que. Ma üna vusch, be üna vusch basta... e la vita tuorna. Üna vusch umauna? U divina? U dafatta l’üna zuppeda ill’otra?       preschaint das Magazin 41 


































































































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