Page 24 - Preschaint Nummer 5
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 Wenn Geschwister fern sind ...
Madlen Hofstetter über sich: «Seit bald 23 Jahren lebe ich in Silvaplana. Zu Hause bin ich aber weniger lang hier. Ich brauchte einige Jahre, um wirklich anzukommen. Das hat unter anderem mit dem touristischen Umfeld zu tun. Das machte es schwierig, um mich heimisch zu fühlen. Wer wohnt hier? Wer ist Gast?
Ich komme von einem Bauernhof im luzernischen Entlebuch. Da bin ich mit vier Geschwistern aufgewachsen. Ich bin Zweite in der Geschwister- reihe, aber die älteste Tochter. Mit sechzehn Jahren ging ich von zuhause weg, machte ein Haushaltslehrjahr in Ermensee LU und besuchte das Hauswirtschaftslehrerinnen-Seminar Baldegg LU. Danach gab ich in Emmenbrücke in Real- und Sekundarklassen mit hohem Ausländeranteil koedukativen Unterricht. Aber eigentlich interes- sierte mich anderes mehr: Ich half in Kriensn, einen Bioladen aufzubauen und zu betreiben, gab Kochkurse für eine „alternative Küche“ und schrieb als ehemalige Blauring-Leiterin und leidenschaftliche Lagerköchin für den Rex-Verlag das Kochbuch „Kochen für Gruppen“.
Zwar lebte ich jetzt in der „Stadt“ und bewegte mich in anderen Kreisen. Für meine Familie war ich aber noch zumindest im selben Kanton. Das änderte sich total. Als ich ins Engadin ging, war es für sie, als würde ich den Kontinent wechseln, gleich einer Abreise nach Amerika! Für mich selbst war es wirklich ein grosser Schritt. In Ferien war ich als Kind kaum. Das Engadin kannte ich nicht. Ich wusste nur, dass es weit weg liegt. Und dann wächst hier deutlich weniger, als ich es von
zuhause gewohnt war. Das war für mich am Anfang hart. Aber ich suchte ja das Neue und zog mit meinem Partner zusammen.
Langsam wuchs ein soziales Umfeld. Erste Gesich- ter lernte ich kennen: in der Kirchgemeinde und mehr und mehr über meine berufliche Tätigkeit als Köchin und Allrounderin in der „Chesa Pool“ im Fex. Dann wurde ich erstmals Mama. Und da kam ich ganz im Dorf an – als Mutter unter Müttern über die Spielgruppe und das MUKI- Turnen. In den Kleinkinderfeiern und im Sommerkinderlager leitete ich mit. Wir Frauen organisierten uns auch selbst, gingen mit unseren Kindern oft in die Natur, bauten mit Leintüchern am Lej Zuppo Zelte, machten Feuer, brätelten Würste oder Schlangenbrot. Ich wurde Schulrä- tin, übernahm selbst ein öffentliches Amt. Mein soziales Netz hat sich über meine verschiedenen Aufgaben und Rollen ausgedehnt, auch über Chöre wie den ehemaligen „Cor masdo da Segl“ oder seit längerem „La Cumbricula“. Heute arbeite ich als Bibliothekarin in der Biblioteca Engiadinaisa in Sils/Segl und führe die Schulbib- liothek in Silvaplana. Buben und Mädchen des Kindergartens und der Primarschule gebe ich auch bibliothekspädagogischen Unterricht.
 



























































































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