Page 15 - Preschaint Nummer 6
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                 Und wie wurde es zum Mili Weber Haus? Das Haus, wie es sich heute zeigt, ist eine gewachse- ne Sache. Die Bilder sind nicht datiert. Und das ist irgendwie auch typisch für Mili Weber: Zeit war für sie Ewigkeit. Darum wissen wir oft nicht, wann ge- nau ein Bild entstanden ist. Am Puppenschloss hat sie rund dreissig Jahre gearbeitet. Die Jahreszeiten- decke hat sie erst mit über 60 Jahren begonnen zu malen, als es für sie klar war, dass sie in diesem Haus wird bleiben können. Das war dank Nachlässen der Geschwister möglich. Und sie wusste, was sie wollte: ein Museum einrichten, das einmal der Gemeinde St. Moritz zufallen soll, um das Haus mit dem Werk „in geziemender Weise“ der Öffentlichkeit zugäng- lich zu machen. Die Zimmer der verstorbenen Familienmitglieder hat sie zum Teil nicht mehr benutzt wie z.B. das Zimmer des Vaters. Friedas Zimmer nutzte sie als Orgelzimmer. 1951 machte sie noch eine Ausstellung in Biel. Nach Emils Tod hat sie aber keine Auftragsarbeiten mehr angenom- men und keine Bilder mehr verkauft. Sie lebte sehr bescheiden und brauchte für sich nicht viel. Zu ihren Blumengeschichten schrieb sie einmal, ihre Blumengeschichten seien Offenbarungen. „Manch- mal sehe ich erst die Bilder in meinem Geiste – manchmal hör’ ich erst die Worte. Ich habe viele von diesen Geschichten, die die Welt nicht kennt.“ Mit ihnen hat sie sich eine Welt erschaffen, in der sie auch lebte ... Sie sagte immer, sie wolle den Leuten eine Freude bereiten. Es gibt viele Engadinerinnen und Engadi- ner, die ein Bild von ihr bei sich zuhause haben. Bilder hat sie auch verschenkt. Isoliert lebte sie nicht. Sie hatte Freundinnen im Dorf, hatte viel Besuch und begrüsste im Haus auch illustre Gäste wie Charlie Chaplin, den Schah von Persien, den amerikanischen Komiker Harald Lloyd oder hatte Kontakt mit indischen Gurus. Auch von General Guisan bekam sie ein Schreiben. Sie nahm Anteil am politischen Geschehen. In einem Brief an eine Freundin kritisiert sie den Einmarsch der Russen 1956 in Ungarn. Dass die Banken das Geld horten und Zinsen geben, fand sie auch nicht gut. Sie stand dem Denken des Sozialreformers und Vertreters der Freiwirtschaftslehre Silvio Gsell nahe. Ihre soge- nannten „Bärengeschichten“ zeigen auch, dass sie mit dem damaligen Zustand in der Schweiz be- ziehungsweise mit der Regierung nicht immer einverstanden war. Mit Handwerkern wechselte sie den Bundesrat aus ... Die Welt muss gut werden? Wie? Nicht so wie in den Grimm-Märchen. Die waren ihr zu gewalttätig. Also schrieb sie eigene, manchmal „kurlige“ Geschichten. So kommt einer ihrer Lieb- lingsteddybären ins Paradies und bringt Eva dazu, dass sie nicht vom Apfel isst. Damit sind schon andere Rahmenbedingungen gesetzt. In der dritten Bären- geschichte nimmt der kleinste Bär, der Chuzli, den Teufel einfach unter den Arm und geht zum Christ- kind an die Krippe. Allein durch den leuchtenden Blick des Jesuskindleins schmilzt der Teufel zu nichts. In ihrer Fantasie sucht sie Lösungen ohne Gewalt. Wie in ihren lieblichen und harmonisch wirkenden Blumenseelchen-Bildern auch. Marcella Maier, eine Freundin von ihr, hielt fest, dass Liebe und Licht Leitmotive in Leben und Werk waren. Mit dem Pinsel habe sie die Schöpfung und die Liebe des Schöpfers zu seinen Geschöpfen besungen. Mili Weber war protestantisch und las ihre Bibel, ohne besonders kirchlich zu sein. In grossem Respekt ge- genüber der Natur, den Tieren und Pflanzen lebte sie. Sie konnte dankend von den „lieben Rüebli“ sprechen, die man ihr geschenkt hatte und malte Blumenkinder. Für sie war alles beseelt.  preschaint das Magazin 13 


































































































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