Page 22 - Preschaint Nummer 6
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                Da, wo ich zu Hause bin  Elvira Salis Als ich mich am 23. August 2017 im Garten meines Hauses in Sotto Ponte bei Promontogno befand, konnte ich beobachten, wie sich die ersten grossen Steine am Cengalo lösten und ins Val Bondasca stürzten. Ich musste mein Haus sofort verlassen und bin in unser Maiensäss oberhalb von Plaun da Lej gezogen. Nun wohne ich in Sils. Ich vermisse mein altes Haus, das von meinem Urgrossvater 1880 gekauft wurde und in dem meine Vorfahren über 100 Jahre wohnten. Schon mein Vater wurde in diesem Haus geboren und starb auch dort. Auch ich habe über 80 Jahre in diesem Haus gelebt. Das Haus stand bereits seit 435 Jahren. Jetzt ist es nicht mehr da, wie die alten Nussbäume auch, die von mir gehegt und gepflegt worden sind. Ich kann sie nicht vergessen. Einen dieser Bäume habe ich vor 50 Jahren, als ich heiratete, gepflanzt. Einen anderen erhielt ich zu meinem achtzigsten Geburtstag geschenkt. Das einzige, was mir geblieben ist, ist ein Teil meines geliebten Gartens. Ich habe mich schwer- getan, das Bergell zu verlassen. Da bin ich geboren und aufgewachsen, habe da geheiratet und meine Kinder grossgezogen. Ich danke Gott, dass ich das Unglück überlebt habe. Doch vermisse ich mein Haus sehr. Zum Glück darf ich auf meiner Jagdhütte die Türe mehrmals im Jahr öffnen! Vor der Jagd freue ich mich auf drei spannende und unvergessliche Wochen. Hier kann ich mich vollum- fänglich erholen, weitab vom Alltags- stress. Die Kinder spielen mit dem Wasser, der Erde, der Natur. Und wir Eltern vergessen manchmal sogar die Wochentage. Schliesse ich die Türe der Hütte wieder hinter mir zu, zerreisst es mir fast das Herz.  20 preschaint das Magazin Claudio Caprez 


































































































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